Interviews

Interview mit Dr. Monika Vogelgesang, Vorsitzende des FVS+, Fachverband für Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik

Welchen Stellenwert hat aus Ihrer Expertensicht dieses Bündnis im Gesamtgefüge der medizinischen Versorgung?

Aus internationaler Perspektive, ist das deutsche System der Rehabilitation in seiner Erreichbarkeit, Ausdifferenzierung und Qualität einzigartig. Es fokussiert auf Wiedereingliederung, Teilhabe sowie gesundheitliche Eigenverantwortlichkeit und gewährleistet Nachhaltigkeit, auch bei immer kürzeren akutmedizinischen Behandlungsdauern. Der FVS+ verbindet dabei die Indikationsbereiche Abhängigkeitserkrankungen und Psychosomatik, da beide Störungsformen oft in Zusammenhang stehen. Der Deutsche Reha-Tag bietet eine ideale Plattform die vielfältigen Angebote unserer Reha-Landschaft herauszustellen.

2024 wird sich der Reha-Tag mit dem Thema „Zugangswege in die Rehabilitation“ beschäftigen, warum ist dies aus Ihrer Sicht so wichtig?

Die Zahlen der Krankenkassen verdeutlichen, dass die Diagnosen im Bereich der psychischen Erkrankungen, einschließlich Störungen im Umgang mit Suchtmitteln, bzw. stoffungebundenem Suchtverhalten in den letzten Jahren deutlich zugenommen haben. Dementsprechend muss es gelingen den Betroffenen Hilfen zur Überwindung ihres Suchtmittelkonsums, ihrer Ängste oder ihrer Depressionen auf professioneller Ebene zukommen zu lassen.  Der FVS+ unterstützt die vielfältigen Zugangswege für abhängigkeitserkrankte Menschen, die über entsprechende Suchtberatungsstellen und Fachkrankenhäuser mit der Möglichkeit des nahtlosen Überganges in die Rehabilitation, aber auch über Haus- und Fachärzte, niedergelassene Psychotherapeuten sowie betriebliche Institutionen etc. einen Weg in die Behandlung suchen. Entsprechendes gilt auch für suchtassoziierte psychosomatische Störungsbilder wie Depressionen, Angst- oder Essstörungen sowie für andere Symptome, die Körper und Seele betreffen.

Nur, wenn es uns gelingt, möglichst unbürokratische, schnelle Wege zu etablieren, können wir die effektiven Möglichkeiten der Rehabilitation auch „an die Menschen heranbringen“ und wirken lassen. Wichtig ist es, den Mut zu haben, die Probleme anzusprechen, dann ist der erste Schritt bereits vollzogen. Auf dem weiteren Weg helfen wir gerne!

 

Interview mit Sonja Borzel, Geschäftsführerin GesundheitsService AWO

Der GesundheitsService AWO gehört seit Januar 2023 zum Initiatorenkreis des Deutschen Reha-Tages. Was sind die Gründe für die Beteiligung?

Der GesundheitsService AWO ist ein gemeinnütziger bundesweiter Zusammenschluss fachlich engagierter Träger der Arbeiterwohlfahrt, die gesundheitsfördernde Angebote bereithalten und diese nach aktuellen fachlichen Standards weiterentwickeln.

Als Vertreter*innen v. a. der Kliniken für Vorsorge- und Rehabilitation für Mütter und Väter mit oder ohne Kinderbegleitung sowie für Pflegende, finden wir es unabdingbar, uns gut mit den Interessensvertreter*innen und Experten der anderen Reha-Sparten zu vernetzen. Wir haben ein gemeinsames Ziel: Das vielfältige und hochspezialisierte Angebot an Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen in der Öffentlichkeit und gegenüber Kostenträgern und Politik sichtbar zu machen und uns für den Erhalt und die Weiterentwicklung dieser Leistungen einzusetzen.  

Dieses Jahr steht der Reha-Tag unter dem Motto „Reha stärkt Familien“. Welche Notwendigkeit und Dringlichkeit haben Reha-Maßnahmen für Familien aktuell und wie engagiert sich der GesundheitsService AWO für Familien mit Unterstützungsbedarfen?

Für die AWO ist Familie überall dort, wo Menschen dauerhaft füreinander Verantwortung übernehmen, Sorge tragen und Zuwendung schenken. Wir setzen uns dafür ein, dass dieser inklusive Familienbegriff gesamtgesellschaftlicher Konsens wird. Niedrigschwellige Familienberatung und aktive Unterstützung erfahren in unseren Kurberatungsstellen neben den Eltern auch pflegende Angehörige oder Menschen in Krisensituationen.

Die hohen Anforderungen an Familien und - immer noch - vor allem an die Mütter, machen das Angebot der Mutter-/ bzw. Vater-Kind-Kuren nötiger denn je. Die vergangenen drei Jahre der Corona-Pandemie haben die Lage noch verschärft. Viele Eltern leiden unter krankmachender Dauerbelastung und Stress. Aber vor allem auch bei den Kindern lassen sich gravierende Folgen für Gesundheit und Psyche, z. B. ein starker Anstieg bei Essstörungen und Adipositas sowie in Form von Ängsten und Unsicherheiten, beobachten.

Unsere 22 AWO Kliniken arbeiten nach einem ganzheitlichen Ansatz. D. h., das gesamte Familiensystem steht im Fokus. Leiden die Kinder, dann hat das auch Auswirkungen auf die Mutter, und umgekehrt. Eine stationäre Maßnahme kann helfen, aus dem Hamsterrad des Alltags auszubrechen, die Familien wieder zu stabilisieren und ist somit gesamtgesellschaftlich gesehen von unschätzbarem Wert. Die Stärkung der Mutter-Kind-Beziehung wirkt hierbei als wichtiges Kernelement.

Wo sehen Sie drängenden Verbesserungsbedarf für die Reha für Familien?

Die Vorsorge- und Reha-Einrichtungen kämpfen stark um ihr Überleben. Der Fortbestand unseres flächendeckenden Netzes an qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen für Mütter und Väter mit und ohne Begleitung ihrer Kinder sowie für Pflegende steht nach mehr als drei stark herausfordernden Jahren endgültig auf der Kippe. Nach der Pandemie sind nun die inflationären Preissteigerungen, gepaart mit dem Fachkräftemangel in der Gesundheitsbranche, für unsere Vorsorge- und Reha-Kliniken existenzgefährdend. Hier hat die aktive Unterstützung von Politik und Krankenversicherungen eine dringende Notwendigkeit!

Wir brauchen dringend eine auskömmliche und leistungsgerechte Vergütungsstruktur, die einen Ausgleich von außerordentlichen wirtschaftlichen Belastungen auch außerhalb von vereinbarten Vertragslaufzeiten ermöglicht und die dringend notwendige Refinanzierung von Investitionskosten abbildet. Die steigenden Qualitäts- und Strukturanforderungen, die auf der Bundesebene von den Krankenkassen gefordert werden, müssen von unseren Vertragspartnern auf den Landesebenen auch bezahlt werden, sonst geht die Rechnung am Ende nicht auf.

Der Bedarf an Behandlungsplätzen ist immens, die Wartezeiten sind lang und die Therapieerfolge sprechen für sich!

Interview mit Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik in der Diakonie Deutschland

Die Diakonie gehört zum Initiatorenkreis des Deutschen Reha-Tages. Was sind die Gründe für die Beteiligung der Diakonie?
Der Deutsche Reha-Tag ist für die Diakonie eine Kooperationsplattform, um mit den anderen Akteuren des Reha-Sektors für eine gute medizinische Rehabilitation einzutreten. Von der Rehabilitation profitieren sehr viele Menschen und die Gesellschaft als Ganzes. Es profitieren ältere Menschen, die körperlich eingeschränkt sind, aber am sozialen Leben teilhaben wollen, aber auch Arbeitsnehmer*innen, deren Beschäftigungsfähigkeit nach einem Unfall oder einer Krankheit gesichert werden soll.
Rehabilitationsträger, Selbsthilfe, private und gemeinnützige Leistungserbringer haben nicht immer die gleichen und z.B. in Verhandlungssituationen sogar häufig gegensätzliche Interessen. Aber beim Deutschen Reha-Tag ziehen wir an einem Strang und haben ein gemeinsames Anliegen: Eine qualitativ hochwertige rehabilitative Infrastruktur für die Patientinnen und Patienten. Der Reha-Tag ist auch ein gemeinsames Zeichen an die Politik, gute Rahmenbedingungen für die medizinische Rehabilitation zu schaffen.

Dieses Jahr steht der Reha-Tag im Zeichen der Kinder- und Jugendrehabilitation. Die Diakonie hat erst vor kurzem auf ihren Internetseiten ausführlich über die Kinderrehabilitation informiert und die Praxis zu Wort kommen lassen. Warum das Engagement der Diakonie?
Die Kliniken der Kinder- und Jugendrehabilitation spielen eine wichtige Rolle in der Versorgung. Sie sind ein wesentlicher Mosaikstein in der Versorgungsstruktur. Gott sei Dank geht es den meisten Kindern in unserer Gesellschaft gut. Aber es gibt auch Kinder, bei denen körperliche, soziale und psychische Probleme – manchmal auch zusammen – auftreten. Für sie und für Kinder, die schwere Krankheiten oder einen Unfall erlebt haben, und für Kinder mit Behinderungen ist die Reha auch ein ganz wichtiges biographisches Ereignis. Mit der Reha sind oftmals Prägungen des weiteren Lebenswegs verbunden. Es geht immer auch um Teilhabe: um den Schulbesuch, um die Ablösung Jugendlicher von der Familie, um Freundschaften, Selbstakzeptanz und das Leben in Gemeinschaften.


In welche Richtung sollte sich die Kinder- und Jugendrehabilitation entwickeln?
Mit dem sogenannten „Flexirentengesetz“ haben sich die Rahmenbedingungen aus Sicht   der Diakonie zum Besseren entwickelt. Für diese Verbesserungen hat sich die Diakonie nachdrücklich, auch im Bündnis für Kinder- und Jugendrehabilitation, eingesetzt. Die Veränderungen stellen allerdings auch eine konzeptionelle Herausforderung für die Kinder- und Jugendrehakliniken dar. Und auch die Rentenversicherung als größtem Rehaträger steht vor neuen Herausforderungen. Die Kinderreha wird in Zukunft deutlich familienorientierter arbeiten. Die ambulante rehabilitative Versorgung – neben den Frühförderstellen und den Sozialpädagogischen Zentren - wird in Zukunft eine größere Rolle spielen. Außerdem ist es notwendig, dass mehr und besser über die Kinderrehabilitation informiert wird und Hürden bei der Inanspruchnahme abgebaut werden.

Interview mit Brigitte Gross, Direktorin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund

Die DRV Bund ist Gründungsmitglied des Deutschen Reha Tags. Warum hat sich die Rentenversicherung von Anfang an für dieses Bündnis engagiert?

Der DRV Bund ist es von je her wichtig, der Rehabilitation einen besonderen Stellenwert zu geben. Gegenüber Politik, Fachöffentlichkeit und Öffentlichkeit überhaupt war und ist es notwendig, immer wieder deutlich zu machen, wie wichtig Rehabilitation für selbstbestimmte Teilhabe und Erhalt von Beschäftigungsfähigkeit ist. Diese Öffentlichkeitsarbeit geschieht am besten gemeinsam mit Leistungsträgern, Leistungserbringern und Betroffenenorganisationen.
 

Was ist aus Ihrer Sicht wichtig daran, bundesweit Veranstaltungen zu bündeln und sichtbar zu machen?

Initiativen wie der Reha-Tag tragen dazu bei, durch regionale Veranstaltungen, z. B. Tage der offenen Tür in Reha-Einrichtungen, die Rehabilitation dort bekannt zu machen, wo sie stattfindet, im direkten Umfeld unserer Versicherten. Der Reha-Tag hat darüber hinaus als Dachmarke Bedeutung gewonnen. Durch bundesweite Veranstaltungen können zentrale Botschaften der Rehabilitation über alle Initiatoren und Unterstützer hinweg nach außen getragen werden.
 

Welche Ziele hat die DRV in Bezug auf Rehabilitation in den nächsten 10 Jahren?

Die Rentenversicherung verfolgt aktuell vielfältige innovative Entwicklungsthemen im Bereich der Rehabilitation. Der Fokus liegt dabei einerseits auf proaktiven Zugangsstrategien zur Reha. Daneben werden wir unser Leistungsangebot weiterentwickeln. Hier setzen wir auf die Gestaltung eines flexiblen Leistungsspektrums, das den individuellen Bedarfen unserer Versicherten gerecht wird. Das bedeutet für uns auch, die Differenzierung der Reha-Leistungen weiter voranzutreiben und vor allem auch die Erwartungen, Vorstellungen und Lebensumstände der Versicherten mit einzubeziehen, um zukunftsfähige Leistungen anbieten zu können. Mit der Prävention haben wir einen zusätzlichen wichtigen Baustein in unser Leistungsportfolio aufgenommen, den wir weiter ausbauen werden. Ebenso relevant für uns ist es, die nachgehenden Leistungen wie Nachsorge oder Stufenweise Wiedereingliederung im Blick zu behalten und weiterzuentwickeln, um den Übergang aus der Rehabilitation ins Erwerbsleben erfolgreich zu gestalten.
 

Interview mit Initiatoren – Bundesverband Geriatrie e.V., Ansgar Veer

Was bewegte den Bundesverband Geriatrie als Initiator des Deutschen Reha-Tags mitzuwirken?

Der Reha-Tag bietet eine bundesweite Plattform für Rehabilitationskliniken mit verschiedenen Veranstaltungsformaten die Öffentlichkeit über Angebote und die Wirksamkeit von Rehabilitation zu informieren. Diese Veranstaltungen richten sich an BürgerInnen, Ärzte, Unternehmen und Politiker, aber sie dienen auch der Vernetzung der an der Rehabilitation beteiligten Akteure -auf lokaler, regionaler und auf Landesebene. Durch diese Inhalte berührt der Reha-Tag wichtige Ziele, die auch der Bundesverband Geriatrie verfolgt. Die Unterstützung und Mitgestaltung im Initiatorenkreis dieser bewährten Initiative für die Rehabilitation ist für den Bundesverband Geriatrie damit ein Muss.

Was unterscheidet die geriatrische Rehabilitation von anderen Rehabilitationsangeboten?

Es gehört zu den Besonderheiten der medizinischen Rehabilitation für alte Menschen, dass sie es in der Therapie häufig aufgrund von Multimorbidität - also vieler gleichzeitig vorliegender Erkrankungen - mit sehr individuellen Teilhabeeinschränkungen zu tun hat. Daraus ergibt sich ein besonderer Bedarf an spezieller Diagnostik und Therapie, der in der Disziplin der Geriatrie mit einem besonders geschulten interdisziplinären und multiprofessionell aufgestellten Team seine besondere fachliche Entsprechung findet. Dieser spezialisierte Ansatz ist erforderlich, damit eine möglichst früh beginnende und ausreichend lang durchgeführte geriatrische Rehabilitation umfassend die Potenziale des alten Menschen erkennen und nutzen kann. Behandlungsziel ist es, dem alten Menschen wieder zu weitgehender Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und somit weitest möglicher sozialer Teilhabe zu verhelfen. Insbesondere der Wiedereingliederung in das vertraute Wohnumfeld kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu.

Was kann geriatrische Rehabilitation in Anbetracht der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung leisten?

Die starke Zunahme der Zahl hochbetagter Menschen (80 Jahre und älter) ist auch mit einem Anstieg der Zahl multimorbider alter Patienten verbunden. Diese Menschen weisen ein hohes Risiko auf, hilfs-und pflegebedürftig zu werden. An dieser Stelle kann geriatriespezifische rehabilitative Versorgung einen wesentlichen Beitrag zur Teilhabesicherung hochbetagter Menschen leisten. Wesentliche Ziele der geriatrischen Rehabilitation sind eine Verhinderung, Verzögerung oder Verminderung von Pflegebedürftigkeit und der Erhalt, die Verbesserung oder die Wiedergewinnung der Selbstständigkeit bei der Bewältigung des Alltags, der selbstbestimmten Teilhabe und der Lebensqualität, insbesondere durch einen möglichst langfristigen Verbleib in der gewünschten privaten Umgebung.

Interview mit Initiatoren - Gotthard Lehner, stellv. Vorsitzender buss e.V.

Der Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe (buss e.V.) engagiert sich seit vielen Jahren für den bundesweiten Reha-Tag. Warum ist diese Initiative für den Verband und seine Mitglieder so wichtig?

Wir sind der Überzeugung, dass die Behandlung von Menschen mit Teilhabestörung stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden muss. Als Bundesverband für suchtkranke Menschen ist es uns ein Anliegen, dass Menschen mit einer Suchtmittelabhängigkeit nicht weiter ausgegrenzt werden, sondern ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft finden. Vielen Menschen ist nicht bekannt, dass es bei einer Suchtmittelabhängigkeit die Möglichkeit einer Rehabilitation gibt und so eine wirklich qualifizierte Behandlung stattfinden kann.

Im Jahr 2016 fand erstmalig die Auftaktveranstaltung für den Deutschen Reha-Tag in einer Reha-Klinik statt. Damit wurde eine Region und eine Indikation bzw. ein Schwerpunktthema exemplarisch in den Mittelpunkt des Reha-Tages gestellt. Was versprechen sich die Initiatoren mit dieser Schwerpunktsetzung?

In den Jahren zuvor fand die zentrale Auftaktveranstaltung immer in Berlin statt. Damit war es eine zusätzliche Veranstaltung im Berliner Veranstaltungskalender mehr und die Gefahr in der Menge der vielen Angebote unterzugehen war groß. In den Regionen wird eine solche Veranstaltung viel bewusster wahrgenommen. Die Einrichtungen können besucht werden und ihr Leistungsspektrum kann praxisnah vor Ort erlebt werden.

Welche Themen und Rahmenbedingungen waren für die Auftaktveranstaltung am 13. September 2016 in der Fachklinik Haus Immanuel wichtig?

Wir wollten in unserer Region die Problematik von Suchtmittelabhängigkeit zum Thema machen. Als Spezialklinik haben wir darauf hingewiesen, dass es für Frauen durchaus sinnvoll sein kann, sich in eine geschlechtsspezifische Behandlung zu begeben, vor allem, weil wir auch die Möglichkeit anbieten, dass Frauen ihre Kinder bis zum zwölften Lebensjahr  mitbringen können. Während der Therapiezeit der Patientinnen werden sie dann in unserer Kita „Kindernest“ betreut bzw. können die umliegenden Schulen besuchen. Ein weiterer Fokus zielte auf die Frage nach den Zugangswegen für die Suchtrehabilitation: Warum kommen viele Menschen erst nach erheblichen körperlichen und schweren seelischen Problemen in der Reha an? Wie könnte das Suchthilfesystem schneller reagieren? Wichtig ist uns auch immer wieder, die Effizienz der Sucht-Reha zu thematisieren? Lohnt sich die Behandlung von suchtmittelabhängigen Menschen? Das können wir mit einem klaren „Ja“ beantworten. Eine Prognos Studie belegt, dass jeder Euro der in die Rehabilitation gesteckt wird, einen volkswirtschaftlichen Nutzen von vier Euro erzielt. Und auch der Problematik einer leistungsgerechten Vergütung haben wir uns gestellt. Warum müssen immer wieder Suchtkliniken schließen?

Die begleitende Pressearbeit zur Auftaktveranstaltung des Deutschen Reha-Tags ist für die verstärkte öffentliche Wahrnehmung des Themas Rehabilitation wichtig. Wo wurde über die Veranstaltung berichtet und welche Effekte konnten Sie für die Klinik und das Suchthilfesystem in der Region beobachten?

Durch die Teilnahme von Vertretern aus der Politik, der Rentenversicherung aber auch von Fachleuten aus der Rehabilitation war das Interesse der Medien groß. Es wurde ein Fernsehbeitrag erstellt (der auf Youtube zu finden ist), aber natürlich auch in der regionalen Presse darüber berichtet. Ich denke, das Suchthilfesystem in der Region hat von dieser Veranstaltung profitiert, in dem die Möglichkeiten der Behandlung von suchtkranken Menschen sehr offen diskutiert wurden.

Im diesem Jahr wird der Reha-Tag das Thema ‚Reha und Arbeit‘ in den Mittelpunkt stellen. Welche Bedeutung hat das in Ihrer Klinik bzw. in der Suchtrehabilitation? Planen Sie dazu im Laufe des Jahres eine spezielle Veranstaltung?

Die Wiedereingliederung ins Berufsleben ist eine zentrale Aufgabe der Rehabilitation, in der Suchtrehabilitation hat sie bereits eine sehr lange Geschichte. Bei den caritativen Gründungen der „Trinkerheilstätten“ - so der damalige Name der Kliniken - standen die drei A‘s im Mittelpunkt: Abstinenz, Andacht, Arbeit. Bereits vor über einhundert Jahren war der Gründergeneration bewusst, dass Arbeit eine wichtige Komponente im Leben ist. Dieses Anliegen wurde bis heute natürlich immer weiter professionalisiert und mit dem BORA Konzept - Beruflich orientierte Rehabilitation Abhängigkeitskranker -  weiterentwickelt. Und selbstverständlich werden wir anlässlich des Reha-Tags 2018 wieder eine Veranstaltung durchzuführen, allerdings sind wir noch im Planungsstadium.